Pflegeversicherung und Vorsorgemaßnahmen
1 Einstufung der Pflegeversicherung
2 Leistungen der Pflegeversicherung
3 Vorsorgemaßnahmen
1 Einstufung der Pflegeversicherung
Die Pflegeversicherung wurde 1994 als Grundsicherung konzipiert und beschlossen. Ein Jahr später wurden die Leistungen der häuslichen Pflege und 1996 auch die Leistungen einer vollstationären Heimbetreuung in das Pflegeversicherungsgesetz aufgenommen. Neben der Renten-, Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung gilt die soziale Pflegeversicherung als die fünfte Säule der Sozialversicherung. Die Pflegeversicherung ist als Versicherungsschutz für den Fall von Pflegebedürftigkeit und die Gewährleistung der benötigten Pflege - zu Hause oder stationär - konzipiert worden. Alle gesetzlich Krankenversicherten sind in die Pflegeversicherung einbezogen, privat Krankenversicherte müssen eine private „Pflege-Pflichtversicherung“ abschließen, um gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert zu sein.
Pflegebedürftigkeit
Grundlage für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit ist der dauerhafte Hilfebedarf bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens in den Bereichen Grundpflege (Ernährung, Körperpflege, Mobilität) und hauswirtschaftliche Versorgung. Die Schwere der Pflegebedürftigkeit ist nach Pflegestufen gestaffelt. Die jeweils zutreffende Pflegestufe wird bei Feststellung der Schwere der Pflegebedürftigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung bestimmt.
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK)
Der MDK arbeitet als neutraler und unabhängiger Beratungs- und Begutachtungsdienst für alle Kranken- und Pflegekassen und wird bei medizinischen Fragen zu Rate gezogen. Träger des MDK sind die gesetzlichen Krankenkassen. Neben anderen Aufgaben ist der MDK für die Begutachtung von Pflegebedürftigen für die häusliche und stationäre Pflege zuständig. Der MDK prüft, ob die Voraussetzungen für die Pflegebedürftigkeit erfüllt sind, stellt diese fest, prüft die Notwendigkeit von Vorbeuge- und Reha-Maßnahmen, gibt Anregungen zur Verbesserung der Pflegesituation und erstellt abschließend ein Gutachten. Die Pflegestufe wird anschließend aufgrund des Gutachtens festgelegt.
Pflegestufen
Die Leistungen der Pflegeversicherung für Pflegebedürftige und die jeweilige Pflegeperson sind nach Pflegestufen gestaffelt. Maßgeblich dafür sind der Umfang und die Häufigkeit der benötigten Hilfen bei der Grundpflege (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die jeweils zutreffende Pflegestufe wird bei Feststellung der Schwere der Pflegebedürftigkeit durch den MDK bestimmt. Es gibt drei Pflegestufen:
Pflegestufe I
Erheblich Pflegebedürftige. Hilfebedarf besteht einmal täglich bei wenigstens zwei Verrichtungen aus den Bereichen der Grundpflege und zusätzlich mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen, wobei mehr als 45 Minuten auf die Grundpflege entfallen müssen.
Pflegestufe II
Schwerpflegebedürftige. Hilfebedarf besteht dreimal täglich zu verschiedenen Zeiten für Verrichtungen aus den Bereichen der Grundpflege und zusätzlich mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Der Zeitaufwand muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens drei Stunden betragen, wobei wenigstens zwei Stunden auf die Grundpflege entfallen müssen.
Pflegestufe III
Schwerstpflegebedürftige. Hilfebedarf besteht rund um die Uhr bei der Grundpflege und zusätzlich mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Der Zeitaufwand muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens fünf Stunden betragen, wobei wenigstens vier Stunden auf die Grundpflege entfallen müssen.
Pflegestufe III+
Härtefall. Anerkennung von besonders gelagerten Einzelfällen zur Vermeidung von Härten, wenn ein außergewöhnlich hoher Pflegeaufwand vorliegt, der das übliche Maß der Pflegestufe III weit übersteigt.
2 Leistungen der Pflegeversicherung
Um Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen zu können, muss als erstes ein Antrag auf diese gestellt werden. Ein Antrag kann formlos, also auch per Telefon, bei der zuständigen Pflegekasse gestellt werden. Die daraufhin zugeschickten Antragsformulare enthalten einen Antrag auf Pflegeleistungen und einen Antrag auf Rentenbeitragszahlung für eine ehrenamtliche Pflegeperson. Beide Anträge müssen ausgefüllt an die Kasse zurückgesandt werden. Die Leistungen werden grundsätzlich vom Zeitpunkt der Antragsstellung gewährt! Voraussetzung ist, dass der Antragssteller zu diesem Zeitpunkt pflegebedürftig ist und die Vorversicherungszeit von 5 Jahren erfüllt ist. Die Pflegekasse beauftragt schließlich den MDK als unabhängigen Beratungs- und Begutachtungsdienst mit der Begutachtung des Pflegebedürftigen.
Ablauf einer Begutachtung
Nach der Antragsstellung erfolgt ein vorher vereinbarter Besuch eines Mitarbeiters des Medizinischen Dienstes im gewohnten Umfeld des Antragstellers. Bei diesem Besuch wird geprüft, ob die Voraussetzungen für die Leistungen aus der Pflegeversicherung erfüllt sind und welcher Pflegestufe der Pflegebedürftige zugeordnet werden kann. Um sich ein umfassendes Bild von der pflegebedürftigen Person und ihrer Situation machen zu können, wird der Mitarbeiter des MDK auch mit der Hauptpflegeperson oder/und anderen an der Pflege Beteiligten sprechen wollen. Weiterhin wird das häusliche Umfeld untersucht und auch festgestellt, ob und welche baulichen Veränderungen notwendig oder sinnvoll sind, um die Pflege zu Hause zu erleichtern. Bei den Mitarbeitern des MDK handelt es sich meist um Pflegefachkräfte oder pflegeerfahrene Ärzte. Auf Grundlage des erstellten Gutachtens entscheidet die Pflegekasse, ob und in welchem Maße Pflegebedürftigkeit vorliegt. Die jeweiligen Leistungen werden rückwirkend vom Zeitpunkt der Antragsstellung erteilt. Der Bescheid wird schriftlich zugestellt und es besteht die Möglichkeit innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen.
Sachleistungen
Als Sachleistungen werden die Dienste der ambulanten Pflege bezeichnet. Durch die Leistungen professioneller Pflegekräfte werden die pflegenden Angehörigen unterstützt. Zudem ermöglichen sie es vielen alleinstehenden Pflegebedürftigen, trotz ständigen Hilfebedarfs weiter in der vertrauten Umgebung leben zu können. Die Pflegeversicherung gibt so der häuslichen Versorgung eindeutig Vorrang vor einer stationären Betreuung. Je nach Schweregrad der Pflegebedürftigkeit können Pflegeeinsätze durch ambulante Dienste in Anspruch genommen werden:
- Pflegestufe I Einsätze für bis zu 440,00 Euro/Monat
- Pflegestufe II Einsätze für bis zu 1.040,00 Euro/Monat
- Pflegestufe III Einsätze für bis zu 1.510,00 Euro/Monat
- Pflegestufe III+ Einsätze für bis zu 1.918,00 Euro/Monat
Zwischen dem ambulantem Pflegedienst und dem Pflegebedürftigen wird ein Vertrag geschlossen, in dem auch vereinbarte Pflegeleistungen und -zeiten festgeschrieben sind. Dieser Pflegevertrag kann innerhalb von 2 Wochen nach dem ersten Einsatz vom Pflegebedürftigen ohne Angaben von Gründen und ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Voraussetzung für den Anspruch von Sachleistungen ist, dass der ambulante Dienst mit den Pflegekassen oder den für sie tätigen Verbänden Verträge geschlossen hat und somit ein zugelassener Leistungserbringer ist. Werden Pflegeleistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern in Anspruch genommen, handelt es sich um „selbst sichergestellte Pflege“. Für diesen Fall sieht die Pflegeversicherung das Pflegegeld vor.
Pflegegeld
Jeder Pflegebedürftige hat das Recht selbst zu entscheiden, von wem er gepflegt werden möchte. Wählt der Pflegebedürftige statt Sachleistungen durch professionelle Dienste die Pflege durch Angehörige, hat er Anspruch auf Pflegegeld. Wie bei den Sachleistungen ist das Pflegegeld nach Pflegestufen gestaffelt:
- Pflegestufe I 225,00 Euro/Monat
- Pflegestufe II 430,00 Euro/Monat
- Pflegestufe III 685,00 Euro/Monat
Das Pflegegeld wird für die Tage gezahlt, an denen Pflege durchgeführt wird. Das bedeutet, dass bei einer Unterbrechung der Pflege das Pflegegeld anteilig gezahlt wird. Ausnahme: Bei vorübergehend vollstationärem Krankenhausaufenthalt wird das Pflegegeld bis zu 4 Wochen weitergezahlt. Voraussetzung für den Leistungsanspruch ist, dass mit dem bewilligten Betrag die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung durch Angehörige oder sonstige ehrenamtlich tätige Pflegepersonen sichergestellt sind.
Pflegegeld für „Arbeitgebermodelle“
Im Fall des so genannten „Arbeitgebermodells“, also der selbst sichergestellten Pflege durch eine Festanstellung einer Pflegeperson, wird von der Pflegeversicherung ebenfalls Pflegegeld gezahlt. Wenn die Kosten einer Festanstellung vom Pflegegeld und dem Einkommen des pflegebedürftigen Arbeitgebers nicht gedeckt werden können, gilt der Pflegebedürftige als bedürftig im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes und der Restbedarf wird vom Sozialamt getragen.
Kombination von Geld- und Sachleistungen
Um die Pflege individuell gestalten zu können, ist eine Kombination von Pflege- und Sachleistungen möglich. Für eine optimale Kombination von Pflege durch Angehörige und professioneller Pflege durch einen ambulanten Dienst ist es sinnvoll, alle erforderlichen Pflegehandlungen daraufhin zu überprüfen, von wem sie am besten durchgeführt werden können. Das Pflegegeld verringert sich um den Wert der in Anspruch genommenen Sachleistungen. Das prozentuale Verhältnis von Geld- und Sachleistungen kann vom Pflegebedürftigen selbst entschieden werden. Um Verwaltungsaufwand zu vermeiden, ist er aber für 6 Monate an seine Entscheidung gebunden. Ausnahme: Eintritt einer wesentlich veränderten Situation, zum Beispiel durch eine plötzliche Verschlechterung des Zustandes und einen dadurch erhöhten Betreuungsaufwand.
Pflegevertretung (Ersatz-/ Verhinderungspflege)
Bei Verhinderung oder Urlaub der Angehörigen oder der ehrenamtlichen Pflegeperson besteht Anspruch auf Ersatzpflege für bis zu 4 Wochen und bis zu 1.432,00 Euro im Jahr. Dies gilt für alle Pflegestufen! Die Ersatzpflege kann durch Bekannte, Nachbarn oder einen ambulanten Pflegedienst erbracht werden. Bei der Pflege durch einen Angehörigen, der mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grad verwandt (Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern, Geschwister) oder verschwägert ist, oder durch jemanden, der mit dem Pflegebedürftigen in häuslicher Gemeinschaft lebt, übernimmt die Pflegekasse die Aufwendungen lediglich in Höhe des Pflegegeldes der jeweiligen Pflegestufe. In diesem Fall geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Pflege nicht als Erwerb ausgeführt wird. Entstehen bei der Pflege weitere Aufwendungen (z. B. Fahrkosten oder Verdienstausfall) werden diese auf Nachweis bis zur Gesamthöhe von 1.432,00 Euro/Kalenderjahr erstattet. Auch bei der Verhinderungspflege in einem Heim werden die pflegebedingten Aufwendungen von bis zu 1.432,00 Euro/Kalenderjahr übernommen, Kosten für Unterkunft und Verpflegung sind aber vom Pflegebedürftigen selbst zu tragen.
Teilstationäre Tages- und Nachtpflege
Wenn eine ausreichende Betreuung zu Hause nicht mehr möglich ist oder die häusliche Pflege ergänzt oder entlastet werden soll, besteht die Möglichkeit einer teilstationären Pflege in Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege. Diese Leistungen gelten als Sachleistungen und sind ebenfalls mit dem Pflegegeld kombinierbar. Je nach Pflegestufe werden die Aufwendungen für Grundpflege, soziale Betreuung und bei Bedarf auch für die medizinische Behandlungspflege bis zu einem festen Gesamtwert übernommen:
- Pflegestufe I bis zu 440,00 Euro/Monat
- Pflegestufe II bis zu 1.040,00 Euro/Monat
- Pflegestufe III bis zu 1.510,00 Euro/Monat
Kurzzeitpflege
Wenn vorübergehend weder häusliche noch teilstationäre Pflege möglich ist, gibt es die Alternative der Kurzzeitpflege. Hier werden Pflegebedürftige über einen begrenzten Zeitraum vollstationär betreut. Die Leistungen umfassen dabei die Grundpflege, die soziale Betreuung, die medizinische Behandlungspflege und werden maximal für 4 Wochen und bis zu einem Gesamtwert von 1.432,00 Euro erbracht. Der Anspruch auf Kurzzeitpflege mindert den auf eine Ersatzpflege nicht und besteht unabhängig davon, wie lange der Pflegebedürftige vorher betreut wurde. Daher ist die Kurzzeitpflege ein Angebot, das besonders in Krisenzeiten große Entlastung schaffen kann.
Pflegehilfsmittel
Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln. Die Pflegekasse übernimmt, unabhängig von der Pflegestufe, die Kosten für Geräte und Sachmittel, die zur häuslichen Pflege notwendig sind. Diese Pflegehilfsmittel sollen die Pflege erleichtern und dem Pflegebedürftigen eine möglichst selbstständige Lebensführung ermöglichen. Die Pflegeversicherung tritt jedoch nur dann ein, wenn nicht aufgrund von Krankheit oder Behinderung bereits eine Leistungsverpflichtung der Krankenkasse besteht. Bei den Pflegehilfsmitteln unterscheidet die Pflegekasse zwischen zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln wie Einmalhandschuhen oder Inkontinenzeinlagen und technischen Hilfsmitteln wie Notrufsystem oder Pflegebett. Zu den Kosten für technische Hilfsmittel muss der Pflegebedürftige einen Eigenanteil von 10%, maximal jedoch 25,00 Euro zahlen. Größere technische Hilfsmittel werden oft leihweise überlassen. Aufwendungen für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel werden bis zu einem Betrag von 31,00 Euro/Monat erstattet. Tipp: Stellt der medizinische Dienst schon bei der Begutachtung fest, dass zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel benötigt werden, können die 31,00 Euro auch ohne Einzelnachweis des Pflegebedürftigen von der Pflegekasse zum Monatsanfang überwiesen werden.
Bei der ärztlichen Verordnung von Rollstühlen und Gehhilfen tragen die Krankenkassen die Kosten. Der Pflegebedürftige hat Anspruch auf das Hilfsmittel in einfacher Ausführung (z. B. einen Rollstuhl). Wenn es allerdings aus hygienischen Gründen oder aufgrund häufigen Wechsels des Hilfsmittels notwendig ist, muss die Pflegekasse eine Doppelausstattung mit dem Hilfsmittel anerkennen (z. B. zwei Rollstühle). Der Anspruch auf Pflegehilfsmittel umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Welches Hilfsmittel wann sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall ab und muss auf die individuellen Bedürfnisse und Notwendigkeiten abgestimmt werden. Um eine möglichst optimale Versorgung mit Hilfsmitteln zu gewährleisten, ist die Zusammenarbeit mit einem Sanitätshaus sinnvoll. Sollte es bei der Verordnung durch den Arzt Schwierigkeiten geben, kann auch hier das Sanitätshaus um Hilfe gebeten werden. Wird das beantragte Hilfsmittel durch die Kranken-/Pflegekasse abgelehnt, sollte auf jeden Fall Widerspruch eingelegt werden. Bei Schwierigkeiten kann auch in diesem Fall das Sanitätshaus behilflich sein. Dauerverordnungen, beispielsweise für Spezialnahrung bei der Ernährung durch eine Magensonde, können ebenfalls im Sanitätshaus eingereicht werden. Dieses kümmert sich um die Auswahl, rechtzeitige Lieferung, Bestellung einer neuen Verordnung beim Arzt usw., so dass dieser Ablauf ohne Probleme und zusätzlichen Arbeitsaufwand funktioniert.
Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Umfelds - Wohnraumanpassung
Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Umfelds sind Umbaumaßnahmen im persönlichen Wohnraum des Pflegebedürftigen, beispielsweise eine behindertengerechte Ausstattung des Bades, Türverbreiterungen oder der Einbau eines Treppenlifts. Für diese Umbaumaßnahmen werden auf Antrag Zuschüsse von bis zu 2.557,00 Euro je Maßnahme gewährt. Diese Leistung ist unabhängig von der Pflegestufe. Die individuelle Wohnraumanpassung soll die häusliche Pflege erleichtern oder überhaupt möglich machen. Ziel ist es, eine möglichst eigenständige Lebensführung des Pflegebedürftigen zu bewahren bzw. wieder herzustellen und eine Überforderung der Pflegeperson zu verhindern. Die Eigenbeteiligung beträgt 10% der Kosten der Maßnahme, jedoch höchstens 50% der monatlichen Bruttoeinnahmen des Pflegebedürftigen. Tipp: Wenn eine Maßnahme vollends abgeschlossen ist, z. B. die behindertengerechte Ausstattung des Bades, kann bei einer veränderten Pflegesituation eine neue Maßnahme beantragt werden!
Soziale Sicherung der Pflegepersonen
Um die Pflegebereitschaft im häuslichen Bereich zu erhöhen und den Einsatz der Pflegepersonen anzuerkennen, hat die Pflegeversicherung die soziale Sicherheit der Pflegenden verbessert. Als Pflegeperson im Sinne der Pflegeversicherung gelten Personen, die einen Pflegebedürftigen nicht erwerbsmäßig mindestens 14 Stunden in der Woche in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Die Pflegeversicherung zahlt dann die gesetzlichen Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen, die nicht mehr als 30 Stunden pro Woche erwerbstätig sind. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach der Pflegestufe und dem Pflegeaufwand. Berücksichtigt wird hier die Zeit, die bei der Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit auf die Hilfestellungen entfallen ist. Pflegende Angehörige sind bei allen Pflegetätigkeiten und allen mit der Pflege verbundenen Tätigkeiten und Wegen gesetzlich unfallversichert. Bei mehreren nicht erwerbstätigen Pflegepersonen verteilt sich der Beitrag anteilsmäßig auf den jeweiligen zeitlichen Umfang der geleisteten Pflege. Wenn eine Pflegeperson zwei oder mehrere Pflegebedürftige betreut, stehen ihr entsprechend höhere Rentenbeiträge zu. In diesen Fällen prüft die Kasse allerdings, ob es sich weiterhin um nicht erwerbsmäßige Pflege handelt. Bei vorübergehender Unterbrechung der Pflege (bei Auslandsaufenthalt bis zu 6 oder Krankenhausaufenthalt bis zu 4 Wochen) werden die Rentenversicherungsbeiträge weiter bezahlt.
Pflegekurse
Zur Unterstützung der Pflegepersonen, zur Erleichterung und Verbesserung der Pflegesituation zu Hause und zur Qualitätssicherung der häuslichen Pflege werden von den Pflegekassen Pflegekurse angeboten. Diese kostenlosen Kurse können auch im eigenen häuslichen Bereich stattfinden und vermitteln Laienpflegern hilfreiche Kenntnisse und Fertigkeiten. Informationen über Pflegekurse und Beratungen sind bei allen zuständigen Kranken- und Pflegekassen erhältlich. Neben dem Angebot von Pflegekursen sind die Pflegekassen außerdem jederzeit zur umfassenden Beratung von Pflegebedürftigen und ihren pflegenden Angehörigen verpflichtet.
Beratungseinsatz bei häuslicher Pflege
Bei der Pflege durch Angehörige ohne Hilfe oder Unterstützung durch professionelle Dienste, sind diese verpflichtet, in regelmäßigen Abständen einen Pflegeeinsatz durch einen zugelassenen Leistungserbringer abzurufen. Diese Beratungseinsätze sollen vor allem der Qualitätssicherung der häuslichen Pflege dienen. Die Kosten hierfür trägt die Pflegeversicherung. Inhalt dieser Einsätze ist die umfassende Beratung, Unterstützung und Anleitung von Pflegenden durch professionelle Fachkräfte zur optimalen Versorgung des Pflegebedürftigen. Die Pflegeeinsätze sollen dabei sowohl dem Schutz des Pflegebedürftigen als auch der Pflegeperson dienen! Bei den Pflegestufen I und II muss der Beratungseinsatz mindestens einmal halbjährlich, bei Pflegestufe III einmal vierteljährlich erfolgen und der Kasse nachgewiesen werden. Achtung: Wenn die Beratungseinsätze nicht nachgewiesen werden können oder vom Pflegebedürftigen abgelehnt werden, kann das Pflegegeld gekürzt und bei anhaltender Verweigerung sogar ganz gestrichen werden!
3 Vorsorgemaßnahmen
Drei Instrumente stehen zur Verfügung, um im Sinne der Selbstbestimmung schriftliche Willenserklärungen für den Fall einer späteren Einwilligungsunfähigkeit abzugeben. In einer Patientenverfügung kann der Erkrankte seine Wünsche bezüglich einer medizinischen Behandlung bzw. Nichtbehandlung oder einer gewünschten Behandlungsbegrenzung, insbesondere in der Terminalphase, äußern. Der Zweck einer Betreuungsverfügung besteht darin, eine Person des Vertrauens zu benennen, die für den Fall, dass eine Betreuung notwendig werden sollte, vom Vormundschaftsgericht bestellt werden soll. Anstelle der Betreuungsverfügung kann eine Vorsorgevollmacht ausgestellt werden. In dieser kann der Betroffene eine Person des eigenen Vertrauens als Bevollmächtigten einsetzen. Im Unterschied zum Betreuer muss der Bevollmächtigte nicht vom Vormundschaftsgericht bestellt werden, sondern kann im Fall der Entscheidungsunfähigkeit des Erkrankten sofort für den Vollmachtgeber handeln. Eine Patientenverfügung, Betreuungsverfügung und/oder Vorsorgevollmacht sollte in jedem Fall frühzeitig sorgfältig formuliert werden. Dabei sollte unbedingt eine professionelle Beratung in Anspruch genommen werden. Denn ohne Zweifel sind solche individuellen, auf die persönliche Situation zugeschnittenen Vorsorgemaßnahmen von Vorteil gegenüber einer Betreuung ohne jede vorsorgliche Verfügung.
Patientenverfügung
Die ALS ist eine chronisch fortschreitende neurologische Krankheit, für die bisher keine Heilung erreicht werden kann. Die ALS ist dennoch eine behandelbare Krankheit mit verschiedenen Therapiemöglichkeiten. Jeder Patient hat prinzipiell Zugang zu allen etablierten Formen der nichtinvasiven und invasiven Behandlung von ALS-bedingten Symptomen. Der tatsächliche Einsatz von technisch und medizinisch möglichen Therapieoptionen ist jedoch individuell sehr unterschiedlich. Er wird von den Gegebenheiten des klinischen Verlaufes, vom Krankheitsstadium, der sozialen Situation, den persönlichen Wertmaßstäben des Patienten bestimmt. Eine detaillierte Aufklärung über Möglichkeiten, Grenzen und mögliche Risiken von symptomatischen Behandlungsstrategien der ALS ist äußerst wichtig. Eine besondere Verantwortung liegt dabei in der Beratung zu invasiven Therapieoptionen wie der invasiven, tracheostomiegestützten Beatmung. Die Erfahrung zeigt, dass sich nur eine sehr geringe Zahl der ALS-Patienten für die Durchführung einer solchen lebenszeitverlängernden Behandlung entscheidet. Viele Betroffene haben dabei insbesondere Angst vor unwürdigem Sterben durch den Verlust der Selbstbestimmung. ALS-Patienten können im Verlauf der ALS plötzlich auch in andere Situationen geraten, in denen sie nicht mehr selbstständig Wünsche äußern oder Entscheidungen treffen können. Sie sind nicht mehr einwilligungsfähig. Die Würde und Selbstbestimmung auch für diese Situationen zu wahren ist der Wunsch vieler ALS-Patienten. Dazu gehört es, sich frühzeitig mit Sterben und Tod ausführlich auseinanderzusetzen und entsprechende Vorsorge zu treffen. Zur Sicherung der Patientenautonomie bei der Festlegung therapeutischer Handlungen insbesondere in der Spät- und Terminalphase der ALS ist eine schriftliche Willenserklärung unter Zeugen eine etablierte medizinische und juristische Praxis. Die Willenserklärung erfolgt in der Regel in Form einer Patientenverfügung (PV). Diese erleichtert es den Angehörigen, Ärzten und Pflegenden, Betreuern und Gerichten, Entscheidungen im Sinne des Betroffenen zu treffen und nach seinem Willen zu handeln.
Eine Patientenverfügung ist kein Testament sondern eine vorsorgliche schriftliche Willenserklärung. In ihr kann der Verfügende im Voraus verbindlich seinen Willen zum Ausdruck bringen, wie er in bestimmten Krankheitssituationen als Patient ärztlich behandelt werden möchte, wenn er nicht mehr in der Lage ist, selbst darüber zu entscheiden. Beispielsweise kann der Betroffene festlegen, dass er keine Behandlung wünscht, wenn diese Behandlung nur dazu dient, sein Leben künstlich zu verlängern. Der inhaltlichen Gestaltung der Patientenverfügung sind aber auch Grenzen gesetzt. Zum Beispiel kann der Betroffene nicht verfügen, dass der behandelnde Arzt aktive Sterbehilfe leisten soll, um ihn zu erlösen. Das ist nach deutscher Rechtssprechung nicht möglich.Mit der Patientenverfügung können jedoch Maßnahmen sowohl der passiven als auch der so genannten indirekten Sterbehilfe gefordert werden. Der Betroffene kann verlangen, dass lebenserhaltende Maßnahmen unterlassen werden oder schmerzlindernde Medikamente verabreicht werden, auch wenn sich diese möglicherweise lebensverkürzend auswirken. Grundsätzlich kann eine Erklärung dem Arzt im Bedarfsfall mündlich mitgeteilt werden. Jeder Arzt muss die Entscheidung respektieren, denn jedes ärztliche und medizinische Handeln darf laut Ärztegesetz nur mit Zustimmung des Patienten erfolgen. Die Schriftform der Patientenverfügung sowie Datum und eigenhändige Unterschrift sind jedoch insbesondere im Falle einer Erklärungsunfähigkeit zwingend erforderlich, damit auch dann der selbstbestimmte Wille des Betroffenen gewahrt werden kann. Sie schafft Sicherheit und dient der Abwendung von Unklarheiten und Interpretationen besonders in Notsituationen und bei hoher emotionaler Betroffenheit der Angehörigen, Bevollmächtigten oder Therapeuten. Eine notarielle Beglaubigung oder handschriftliche Ausfertigung ist dagegen nicht nötig! Die Behandlungswünsche und persönlichen Werte sollten möglichst detailliert aufgeführt sein. Die Willenserklärung sollte zusätzlich zur eigenen Unterschrift des Patienten von einem oder mehreren Zeugen unterschrieben werden. Die in einer solchen Patientenverfügung getroffenen Aussagen können jederzeit revidiert werden. Über die Tatsache, dass eine Patientenverfügung existiert, sollte die Familie, der Freundes- und Bekanntenkreis, aber auch Pflegekräfte und Therapeuten informiert werden. Außerdem ist es sinnvoll, eine Kopie der Patientenverfügung immer bei sich zu tragen oder zumindest einen eindeutigen Hinweis, wo die Patientenverfügung hinterlegt ist. Ein Hinweiszettel, z.B. im Geldbeutel, kann im Notfall helfen. Zusätzlich zu einer Patientenverfügung wird zur bestmöglichen Absicherung empfohlen, eventuell auch ein Testament und - für über medizinische Belange hinausgehende Aspekte - eine Betreuungsverfügung und/oder eine Vorsorgevollmacht zu erstellen.
Betreuungsverfügung
Eine sinnvolle Ergänzung der Patientenverfügung ist dieBetreuungsverfügung. In einer Betreuungsverfügung kann der Verfügende dem Vormundschaftsgericht eine Person seines Vertrauens nennen, die vom Gericht als Betreuer bestellt werden soll, falls eine Betreuung notwendig werden sollte. Es handelt sich um eine "rechtliche Betreuung". Die formale und inhaltliche Gestaltung der Betreuungsverfügung ist nicht eingeschränkt. Sie muss nicht handschriftlich verfasst werden, sondern kann auch mit dem PC geschrieben werden. Der Text muss lediglich einwandfrei lesbar sein und möglichst klar und exakt formuliert sein, um Missverständnissen vorzubeugen und Missbrauch zu vermeiden. Der Betreuer steht dennoch unter der Aufsicht und Kontrolle des Vormundschaftsgerichts bzw. eines Kontrollbetreuers. Das Gericht wacht sowohl über die Einhaltung der Verfügung als auch beispielsweise über jeden Ein- und Ausgang auf den Konten des Verfügenden. Ein gerichtlich bestellter Betreuer unterliegt bei der Vermögensverwaltung in höherem Maß der vormundschaftsgerichtlichen Kontrolle als der Bevollmächtigte einer Vorsorgevollmacht.
Vorsorgevollmacht
Durch eine Vorsorgevollmacht kann eine so genannte "rechtliche Betreuung" vermieden werden. Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigt nach deutschem Recht eine Person eine andere Person, im Falle einer Notsituation alle oder bestimmte Aufgaben für den Vollmachtgeber zu erledigen. Der Vorteil der Vorsorgevollmacht besteht darin, dass der Bevollmächtigte sofort nach Kenntnis der Notsituation handeln kann und nicht erst wie bei der Betreuung eine gerichtliche Bestellung erfolgen muss. Mit der Vorsorgevollmacht wird der Bevollmächtigte zum Vertreter im Willen. Er entscheidet und handelt an Stelle des nicht mehr entscheidungsfähigen Vollmachtgebers. Deshalb setzt eine Vorsorgevollmacht unbedingtes und uneingeschränktes persönliches Vertrauen zum Bevollmächtigten voraus und sollte nicht leichtfertig erteilt werden! Der Bevollmächtigte kann auch - bis auf wenige Ausnahmen und je nach Formulierung der Vorsorgevollmacht - in vollem Umfang über das Vermögen des Vollmachtgebers verfügen und braucht keine Rechenschaft abzulegen. Um die Gefahr des Missbrauchs der Vollmacht einzuschränken kann in dieser ein Kontrollbevollmächtigter installiert werden, der jedoch nur die vom Verfügenden bereitgestellten Rechte besitzt. Die fehlende Kontrolle ist ein entscheidender Nachteil der Vorsorgevollmacht und sie sollte daher nur bei absolutem Vertrauen erteilt werden.
Es können eine oder mehrere Personen insgesamt bevollmächtigt oder die Befugnisse auf verschiedene Personen aufgeteilt werden. Natürlich kann die Vorsorgevollmacht von einem Notar geprüft bzw. zusammen mit dem Notar verfasst werden. Die formale und inhaltliche Gestaltung der Vorsorgevollmacht ist nicht eingeschränkt. Sie muss nicht zwingend handschriftlich verfasst werden, sondern kann auch mit dem PC geschrieben werden. Der Text muss lediglich einwandfrei lesbar sein. Die Vollmacht ist jedoch nur im Original gültig. Kopien der Vollmacht besitzen keine Rechtskraft. Darüber hinaus akzeptieren manche Banken generell keine Vorsorgevollmacht oder nur unter der Voraussetzung, dass die Unterschrift notariell beglaubigt ist bzw. bankintern beglaubigt wird. Deshalb sollte sich jeder Betroffene unbedingt vorab bei seinem Geldinstitut erkundigen. Die Vollmacht ist an einem sicheren Platz aufzubewahren, jedoch so, dass sie im Bedarfsfall zur Verfügung steht! Sie kann auch einer Person des Vertrauens übergeben werden. Wenn die Vorsorgevollmacht mit einer Betreuungsverfügung kombiniert wird, können die Dokumente auch gemeinsam beim Amtsgericht hinterlegt werden. Nachdem alle drei Vorsorgemaßnahmen miteinander kombiniert werden können, sollte diese Möglichkeit auch genutzt werden. Es ist dabei ratsam, in der Vorsorgevollmacht zu erwähnen, dass der Bevollmächtigte an eine Patientenverfügung gebunden ist. Sonst kann der Bevollmächtigte allein nach seinem Ermessen entscheiden.
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